Koh Phangan
Um zwölf Uhr morgens beende ich den Test meiner Augenlider
auf Lichtundurchlässigkeit. Es hat den Anschein, als hätte ich recht gut genächtigt. Mit leichtem Sodbrennen nehme ich
mir vor, den Strand Haad Rins einmal bei Tageslicht zu betrachten. Trubel habe
ich erwartet. Was ich vorfinde ist jedoch ein schattiges Plätzchen unter einer
Palme, begleitet von den sonnigen Gitarrenklängen Jack Johnsons. Möglicherweise
dauert es auch deshalb eine halbe Stunde, bis ich vom Wasser aus bemerke, dass
es sich wirklich um denselben Strand handelt, an dem ich mich vor weniger als
zwölf Stunden unter einer in Flammen lodernden Limbo-Stange hindurchmanövrierte.
Das Wasser ist himmlisch. Im flachen Nass döse ich vor mich hin. Angetan von
der Atmosphäre um mich herum, finde unglaubliche Entspannung. Ich spreche zwei
hübsche Französinnen an, deren Bikinis mir gefallen. Es ist offensichtlich,
dass sie in Bangkok gewesen sein müssen, denn dort wimmelt es geradezu vor
Stoffen, mit diesen unverwechselbaren Hippie-Mustern, die ihre Zweiteiler
zieren.

Auf dem Rückweg mache ich halt am Coral Bungalow Club, der
für den heutigen Abend mit einer Pool-Party lockt. Da die Sonne dem orange
schimmernden Horizont immer näher kommt, ist es Zeit, dass ich mir etwas Indisches
aus der prall gefüllten Speisekarte bringen lasse. Während mir die
kulinarischen Köstlichkeiten den Gaumen beglücken, werde ich Zeuge eines
bezaubernden Sonnenunterganges im Paradies. Ich werde das verhaltene Gefühl nicht
los, dass es mir hier ganz gut gefällt. Da ich meine gehört zu haben, dass die
Beachparty bis zum Morgen andauern soll, beschließe ich die Nacht hier zu
verbringen und möglicherweise am Strand zu schlafen, um den Sonnenaufgang zu
genießen. Anschließend würde ich mit dem Scooter zurück ins Hostel brausen. Der
Plan sollte leider nicht ganz aufgehen.
Nachdem ich mich mit meinen Zimmerkollegen im Hostel
besprochen habe, wollen wir zunächst alle gemeinsam zu einer Beachparty und
anschließend unsere verschiedenen Partys aufsuchen. Mit meinem Roller breche ich auf, während die Anderen mit
dem Taxi fahren. Ich fahre etwas weiter, um mein Gefährt bereits bei der
Poolparty zu parken. Anschließend mache ich mich zu Fuß auf den Weg zur
Beachparty. Die ist zwar nur 800 Meter entfernt, doch ich muss die Straße
entlang gehen und die führt ausschließlich bergauf. Als ich, natürlich
hauptsächlich(!) ob des Klimas, ziemlich erschöpft oben ankomme, warten die
anderen bereits auf mich um mir mitzuteilen, dass die Party noch nicht begonnen
hat. Also geht es für mich den ganzen Weg wieder zurück und noch etwas weiter.
Wir beschließen nämlich zum Strand zu gehen. Auf dem Weg entlang der Straße
überholt uns ein völlig überfülltes Taxi. Auf der kleinen Einstiegsstufe, an
der auch die Rücklichter befestigt sind, stehen bereits drei junge Männer und
halten sich am Dach des umgebauten Minitransporters fest. Zwar rast die
Maschine rasant an uns vorbei, doch ich bin mir sicher, einen der drei erkannt
zu haben. Das war Dror. Ein Israeli, den ich zusammen mit einer Gruppe
Deutscher in Bangkok kennengelernt habe. Zwar wusste ich, dass sie auch auf
einer der Inseln unterwegs sein müssten, doch dass ich sie hier sehe, überrascht
mich doch freudig.

Als wir am Strand sind, nehme ich mir vor nach ihnen
Ausschau zu halten. Keine 30 Sekunden dauert es, bis ich sie finde. Unglaublich!
Mit der großen Gruppe beschließen wir nach Eden aufzubrechen. Eden ist ein
kleiner Teil der Insel, der nur mit dem Taxiboot zu erreichen ist. Ich verfolge
dabei noch immer den Plan, im Anschluss die Poolparty aufzusuchen. Mit dem Boot
fahren wir für 150 Baht nach Eden und schon allein die Fahrt ist das Geld wert.
Ich habe zu diesem Zeitpunkt bereits einiges über die Drogenexzesse an diesem
Ort gehört und bin gespannt, was mich erwartet. Wir kommen am Strand an und
steigen aus dem kleinen Boot ins Knietiefe Nass. Zwischen großen Felsen gehen
wir einen Weg auf Holzbrettern entlang, den man als irgendetwas zwischen einer
Brücke und einem Steg beschreiben könnte. Links und rechts des Weges haben es
sich einige Leute gemütlich gemacht und genießen den Anblick der Sterne oder
einfach nur ihren Rausch. Wir biegen um den nächsten größeren Felsen, an dessen
Fuße das Meerwasser emporquillt. Man
hört bereits die dumpfen Elektro-Klänge, die viele Menschen hier mit dem wilden
Nachtleben Berlins assoziieren. Jeder zieht seine Schuhe aus, bevor er die auf
den Felsen errichtete Holzkonstruktion betritt, auf der sich ein ganzer Club
unter freiem Himmel befindet. Dieser Ort versprüht seine ganz eigene Magie. Ich
fühle mich an all das erinnert, was mir sonst nur aus Filmen bekannt ist, die
in den 60er oder 70er Jahren spielen. Es fühlt sich an, als wäre ich
zurückversetzt worden, in eine Zeit, in der ich nie war. In bunten
schlabberigen Hosen tanzen Einige, als befänden sie sich in Schwerelosigkeit. Mit
beiden Armen in der Luft, begleiten sie sanft die Klänge der Elektromusik.
Viele dieser Leute sind bereits über 30, manche über 40. Und wenn ihr
zweiwöchiger Urlaub an diesem merkwürdigen Ort beendet ist, kehren sie wieder
zurück in ihre Büros, fern von bunten Schlabberhosen. Rund um die Tanzfläche
liegen Polster auf dem Boden, auf denen sich man sich niederlassen kann. Dieser
Ort ist befreit von jeder Hektik. Es ist, als wäre er umhüllt von einer
riesigen Entspannungswolke. In Anbetracht des Geruchs, der mir aus allen
Richtungen in die Nase weht, ist das wohl auch der beste Ausdruck. So
begeistert ich auch von der Surrealität dieses Ortes bin, muss ich doch
feststellen, dass mir das alles irgendwie zu viel ist. Außerdem möchte ich ja
auch noch zur Pool Party. Als ich dort ankomme, ist die natürlich bereits beendet.
