Sonntag, 27. Oktober 2013


Nachdem ich gearbeitet habe, freue ich mich darauf das West End zu erkunden und bin unheimlich neugierig, was mich heute erwarten wird. Am meisten mit Spannung erfüllt mich, nicht zu wissen auf was für eine Art von Menschen ich treffen werde. Ich fahre mit dem Zug bis nach South Brisbane. Von der Station biege ich in die nächste große Straße und gehe von hier an nur noch gerade aus, bis ich im West End ankomme. Auf meinem Weg wird mir wieder einmal klar, wie Sicherheitsfanatisch die Australier sind. Ich stehe hier vor einer elektrischen Glastür, die sich erst aufschiebt, sobald das kleine grüne Männchen auf der Ampel zu leuchten beginnt. Zwar gehe ich die ganze Zeit dieselbe Straße entlang, doch diese verändert sich eindrucksvoll mit jedem Schritt der mich dem West End näher bringt. Ich passiere die ersten Cafés, in denen Menschen mit volltätowierten Armen auf kleinen Holzhockern sitzen. Auch die Gesichtsbehaarung der Männer scheint zuzunehmen. Mittlerweile bin ich nur noch umgeben von Restaurants, Bars, Cafés, kleinen Bücher- und Plattenläden oder Kunstgalerien. Hätte ich diesen Ort früher entdeckt, würde ich nun bestimmt in einem dieser Läden arbeiten und jeden Tag in einem anderen essen, trinken oder herumstöbern. Ich nehme mir vor in der nächsten Großstadt Ausschau zu halten, nach dieser Art von Orten. Ich gehe schließlich weiter bis zur Adresse, die mir Caroline geschickt hat. Die Tür steht offen. Ich traue mich allerdings nicht, einfach hineinzuspazieren. Noch immer habe ich keinen blassen Schimmer was mich hinter dieser Türschwelle erwarten wird. Immer wieder muss ich an einen Film zurückdenken, den ich mit Luisa zusammen im Kino gesehen habe. Ich setze mich auf den Bordstein und warte bis Caroline kommt. Fasziniert betrachte ich die Häuser. Beinahe ausschließlich aus Holz errichtet, stehen die etwas heruntergekommenen  Bauten auf etwa zwei Meter hohen Pfeilern, unter denen meist ein Auto geparkt steht. Die Treppe, die hinauf zum Eingang führt ähnelt bei diesen Häusern immer einem kleinen Pfad zur Hintertür. Caroline kommt mir auf einem Fahrrad entgegen gefahren. Sie passt hier voll rein ­­– eine hübsche Blondine mit einer so authentischen Nerdbrille, dass sie auf den ersten Blick wie ein eher reizloses Mauerblümchen erscheint. Ich rede also nicht von der typischen Ray Benn Brille, die mittlerweile jeder trägt, sondern von einem Gestell, das aussieht als hätte sie es aus einem dicken Stück silbernem Draht selber zusammengebogen. Caroline schiebt ihr echt cooles altes Rennrad durch die Gartentür und stellt es in den Eingangsflur, weil man ihr das Schloss stiehl. Ich kann es gar nicht glauben, als sie mir berichtet, dass sie das Rad zusammen mit einigen anderen im Keller ihrer Wohnung gefunden hätte. Wir betreten das Haus. Ich bemerke, dass wir nicht in einem normalen Wohnhaus sind, kann aber auch nicht zuordnen, worin genau wir uns befinden. Wir gehen durch einen Gemeinschaftsraum in die Küche. Es ist nicht besonders viel los. Ein kleiner Junge schneidet Tomaten und eine junge Frau zerkleinert Zwiebeln. Caroline begrüßt einen jungen Mann mit kurzen Rastazöpfen.  Er scheint sich hier um alles zu kümmern. Die anderen Beiden scheint Caroline selber nicht zu kennen. Trotzdem ist die Atmosphäre total vertraut und entspannt. Nach einem kurzen Blick in die Tüten, die gefüllt sind mit Gemüse, das aus den riesigen Müllcontainern der großen Supermarktketten geerntet wurde,  wird beschlossen, was gekocht wird. Ich beginne Pilze zu schneiden, denn die wurden scheinbar in Massen entsorgt. Als die junge Frau Musik anschaltet, fühle ich mich richtig wohl. Es sieht aus, als würden wir uns alle schon seit Jahren kennen und jede Woche zusammenkommen, um zu kochen. Dabei ist es gerade mal drei Tage her, dass ich die Person die mich hier hin mitgebracht hat zum ersten Mal gesehen habe. Ich gehe raus, auf die andere Straßenseite, um Rosmarin zu holen, der hier direkt am Straßenrand, neben dem Gartenzaun des Nachbarn, wächst. All das fertige Essen stellen wir auf einem umgedrehten Klapptisch, der vor dem Haus steht. Dazu kommen gespendete Brote vom Vortag. Zu fünft tragen wir das Essen die Straße hinunter, vorbei an einer etwas dreißigköpfigen Gruppe älterer Menschen, die mit ihrer Ukulele in der Hand in einem Café sitzen. Das Café, das vielleicht doch eher eine Bar ist befindet sich zur Hälfte auf der Straße und obgleich es zu einem Teil unter einer Plane errichtet wurde, sieht es unheimlich einladend aus. In Stuhlreihen sitzen die 35- bis 65-Jährigen beisammen und starren auf eine Leinwand. Der Beamer wirft Noten darauf, während eine Frau mit Mikrofon an der Seite steht, Anweisungen gibt und singt. Irgendwie muss ich ein wenig lachen. Und auch der Junge, der neben mir den Tisch trägt schmunzelt, ein wenig, obwohl ich glaube, dass er den Anblick bereits gewohnt ist. Den Tisch mit all dem frisch gekochten Essen stellen wir an der Hauptstraße, des West Ends auf. Es ist die Straße mit all den Cafés, die ich vorhin entlang gegangen bin. Wir selber eröffnen das Mal und nehmen uns reichlich von dem gekochten Müll. Wir sitzen auf dem Boden direkt gegenüber den öffentlichen Toiletten. Ich muss sagen, dass mir das vegane Recycledinner wirklich mundet. Mit ein wenig Salz, das selbstverständlich mitgenommen wurde, schmeckt das ganze echt gut. Nach einiger Zeit kommen noch einige Freunde der Gruppe und gesellen sich dazu. Kleine Gespräche beginnen und jeder lernt ein wenig mehr über den anderen kennen. Alles im allen wird mir gesagt, dass es ein sehr ruhiger Freitag war. Heute seien nur sehr wenige Leute gekommen. Nach eineinhalb Stunden gemeinsamen Essens und Erzählens packen wir alles ein und bringen die Sachen wieder zurück in das Haus, von dem ich noch immer nicht genau weiß, was es eigentlich ist. Was ich aber weiß ist, dass die Klospühlung hier eine intelligente ist. So steht es zumindest auf dem Schild neben mir, das mich darauf hinweist, hier würden nur vier Liter pro Spülung, statt der üblichen 6 verbraucht. Ich verabschiede mich freundlich und mache mich gut genährt auf den Weg zu Torsten und Miyao, um meine Kulturtasche von dort zu holen. Auf dem Weg raste ich in einem Bottleshop und kaufe mir einen Sechserträger Beck’s, der mit 16$ hier noch zu den günstigen gehört. Oettinger wird hier übrigens als deutsches Premiumbier verkauft und ist deutlich teurer. Ähnliches ist mir zuvor schon in Malaysia aufgefallen.

Montag, 14. Oktober 2013

Great Sandy National Park


Es ist Montag. Jedoch einer dieser wenigen Montage von der guten Sorte, denn heute ist Labour Day. Wir verbringen den ganzen Morgen damit all unsere Sachen zusammenzuräumen, um noch vor der Flut zum Double Island Point zu gelangen. Der starke Wind hat unseren mühselig errichteten Pavillon eingerissen. Ich fahre heute den ganzen Tag bei Andy mit und kann das Offroading am Strand richtig genießen. Über Funkgeräte verständigen sich die drei Wagen. Jan und Andy werfen sich ununterbrochen Sprüche ob ihrer Autos an den Kopf, was für mich eine herrliche Unterhaltung ist. Begeistert bin ich, als wir ankommen auf der anderen Seite des Double Island Point. Vor uns liegt die See. Man sollte wohl eher sagen ein See, denn in einer riesigen Mulde sammelt sich hier das Meerwasser. Etwa 40 Meter sind es bis zur anderen Seite des Ufers, hinter dem dann das offene Meer beginnt. Hinter uns befinden sich riesige Felsen und Sandberge. Ein herrlicher Anblick. Rasch bauen wir unser kleines Quartier auf und frühstücken am Strand, bevor ich mich in das kühle Nass begebe. Heute ist eine beinahe unerträgliche Hitze. Ne.ben uns steht ein junger Mann mit seinen Söhnen und zieht einen Fisch nach dem Anderen aus dem Wasser. Auch Jan und ich sind jetzt geködert. Wir holen die Angelruten vom Dach des Wagens, montieren Blei und Haken an der Schnur und versuchen unser Glück. Nur viermal schmeiße ich meine Schnur ins Wasser, bis ich bereits zwei Fische gefangen habe. Unglaublich, wie einfach das hier geht. Ich habe allerdings keine Ahnung, wie die Stacheligen Tiere heißen die wir hier aus dem Ozean ziehen. Nachdem ich mit Tobi einmal auf die andere Seite des Ufers geschwommen bin, das nun keine dreißig Meter mehr entfernt ist, weil die Ebbe langsam eingesetzt, braten wir den Fisch. Es ist ein herrliches Gefühl hier zu sitzen, auf das wunderschöne Panorama zu blicken und seinen frisch gefangenen Fisch zu essen, der zu dem gar nicht mal schlecht schmeckt. Unangenehm ist nur, dass uns vor einiger Zeit das Wasser ausgegangen ist und ich mich seitdem trotz leichtem Sodbrennen nur noch mit Bier begnügen kann. Aber es gibt auch Schlimmeres. Nach der Hälfte des Tages begeben wir uns wieder in die Autos und fahren zum Rainbow Beach. Hier ist das Zentrum für Touristen. Wir fahren auf der schmalen Sandpiste entlang. Zu unserer Rechten kommen die Wellen immer näher und zu unserer linken erstrecken sich die Felsen in unerreichbare Höhen. Wir machen uns auf die Suche nach dem Carlos Sandblow. Nach einem kurzen Marsch durch den Wald begegnet uns ein atemberaubendes Naturphänomen. Über Jahrtausende wehte hier der Sand hinauf, sodass eine riesige Düne entstand, von der man eine herrlichen Ausblick hat, auf das Meer an der einen Seite und auf den Sonnenuntergang an der Anderen. Ich leihe mir das Board von zwei deutschen Mädels und fahre einmal den Sandhang hinab. Viele Fotos werden geschossen, als wir beobachten, wie der Feuerball hinter dem Regenwald verschwindet, der hier am Fuße dieses enormen Sandberges beginnt. Nach diesem Spektakel machen wir uns wieder auf den Heimweg zurück nach Brisbane.



Mittwoch, 25. September 2013

Ohne einen echten Plan...




Ohne einen echten Plan zu haben bin ich in Bangkok aus dem Flieger gestiegen. Ich wusste nur, dass ich am 10. September in Singapur sein müsste, um meinen Flug zu erwischen. Da ich mich bemühe ehrlich mit mir zu sein, steht wenigstens eine Sache fest: Ich brauche einen Puffer! Ich nehme mir also vor, drei bis vier Tage vor dem Abflug in Singapur anzukommen. Auf Koh Phangnan verstreichen die Nächte zügiger als angenommen. Als ich am 5. September mit der Fähre in Richtung des Bahnhofes in Surat Thani aufbreche – die nächste größere Stadt auf dem Festland – verspüre ich bereits das unbehagliche Gefühl spät dran zu sein. Mit einem Bus fahre ich in die Stadt und muss umsteigen, in eins dieser Sammeltaxis. Nach einer äußerst rasanten Fahrt mit merkwürdigen Zwischenstopps, komme ich nach deutlich mehr als drei Stunden endlich am Bahnhof an. Ein junger Engländer, dessen Freundin die Fahrt sichtlich unentspannt über sich ergehen ließ, staucht den Fahrer nun erst einmal ordentlich zusammen. Der versteht natürlich kein Wort und wuchtet schlechten Gewissens meinen Rucksack aus dem Taxi. Vom Bahnhof in Surat Thani fährt ein Nachtzug nach Hat Yai – die nächste größere Stadt nahe der malaysischen Grenze. Allerdings scheinen die Verantwortlichen der Thailändischen Bahn mit meinen Plänen nicht ganz einverstanden und durchkreuzen meinen Zug auf dem wiederbeschreibbaren Clipboard, das hier die Anzeigetafel mimt. Statt auf den Gleisen rollend, verbringe ich meine Nacht also liegend daneben. Ich bin allerdings nicht alleine, sondern in guter Gesellschaft eines Franzosen, der merkwürdigerweise länger als geplant in Eden hängen geblieben ist. Er sieht aus, wie eine Mischung aus Robert Pattinson in „Remember Me“ und dem Typen aus „Into the Wild“. Seine verdreckte Jeans, das Holzfällerhemd und die von einem Einheimischen geschnorrte Kippe im Mund passen da Perfekt ins Bild. Wegen der transporttechnischen Unannehmlichkeiten wird der junge Mann seinen Flug von Singapur verpassen. Da sein Thailändisches Visum übermorgen abläuft, beschließt er kurzerhand, mit dem Zug über die malaysische Grenze zu fahren und anschließend erneut in Thailand einzureisen, um weitere 15 Tage zu bekommen. Natürlich möchte er wieder zurück nach Eden. Obwohl ich beinahe 48 Stunden jede Minute mit ihm verbringe, werde ich am Ende nicht mal seinen Namen kennen – irgendwie geheimnisvoll. Quasi als Ersatz fährt am nächsten Morgen ein außerplanmäßiger Ersatzzug, für den wir 50 Cent bezahlen. Während der fünfstündigen Fahrt bin ich ein wenig verblüfft, als immer wieder Leute durch den Zug laufen, um ihr Streetfood zu verkaufen. Anscheinend steigen sie einfach in den Zug ein, laufen ein paar Mal auf und ab und steigen nach wenigen Stationen wieder aus.

In Hat Yai nehmen der Franzose und ich denselben Zug. Ich kaufe mir ein Ticket bis Kuala Lumpur und er bis zur Grenze in Padang Besar. Am Bahnhof in Padang Besar müssen alle Passagiere aussteigen, um durch die malaysischen Sicherheitskontrollen zu gehen und sich einen Einreisestempel in ihrem Pass abzuholen. Ich krame also all meine Sachen zusammen und bewege mich durch die rucksackfeindliche Zugtür. Aus meiner Bauchtasche zücke ich meinen Impfausweis hervor und klatsche ihn mir vor Verzweiflung gegen die Stirn. Ich habe meinen Reisepass im Hostel auf Koh Phangan(!!!) vergessen. Erst langsam wird mir bewusst, dass ich bereits aus Thailand ausgereist bin und mich im Niemansland befinde. Ich stecke also fest, im Nichts, zwischen zwei Grenzen, ohne Pass. Schei…! Jetzt können mich nur noch Charme und geschickte Rhetorik wieder zurück nach Thailand bringen, um meinen Pass von der 450km entfernten Insel zu holen. Und zwar schnell. Schließlich muss ich meinen Flug in Singapur noch erwischen. Charme und gute Rhetorik fürn Arsch! Das einzige was die multilingualen Grenzarbeiter von meiner wohlüberlegten Erklärung verstehen ist „NO PASSPORT“. „NO PASSPORT?!“ wiederholt der Typ und starrt mich mit großen Augen an. Ich meine, selbst der Franzose hat verstanden, was passiert war! Auch die freundlichen Männer in Uniformen an der Autogrenze sind mit der Situation offenbar leicht überfordert. „BOSS BOSS!“ versucht einer der Herren mich wild gestikulierend loszuwerden. Etwas verwirrt folge ich seinem Fingerzeig und finde mich auf der Straßenseite wieder, an der die Autofahrer gerade von Thailand nach Malaysia einreisen möchten. Eigentlich war ich ja nie in Malaysia. Jedenfalls nicht auf bzw. mit meinem Pass. Ganz unauffällig schaue ich mich um und marschiere möglichst entspannt vom Grenzgebiet. Puh, wäre das auch geschafft. Jetzt muss ich nur noch schleunigst wieder zurück nach Koh Phangan. Immer noch mit dem Franzosen an meiner Seite, versuchen wir herauszubekommen, wie wir wieder zurück nach Hat Yai gelangen können. Leider sind die Einwohner der winzigen Grenzstadt des Englischen gänzlich ohnmächtig. Nach heiterem Hin und Her frage ich einen jungen Truckdriver, der gerade losfahren möchte höflich, ob er nach Hat Yai fahre und uns mitnehmen könnte. „Hat Yaaaai??? erwidert dieser verständnisvoll. „Hat Yai Hat Yaaai!!! bringe ich ihm bestätigend entgegen. Offenbar verstehen wir uns prächtig. Also steigen der Franzose und ich ein. Mit einem Freund des Fahrers und, allem Anschein nach, dessen kleinen Bruders hocken wir zur fünft, samt Gepäck, in der winzigen Fahrerkabine. Die Sonne senkt sich bereits hinter den Horizont und trotz meiner misslichen Lage kann ich mir ein Lächeln einfach nicht verkneifen. Wir trampen mit einem thailändischen Lastwagen der Hoffnung entgegen, in Hat Yai noch irgendein Fortbewegungsmittel in Richtung Norden zu erwischen. Was für eine Erfahrung! Irgendwo an einer Hauptstraße in Hat Yai lässt uns der Truckdriver aussteigen und gibt uns den höflichen Tipp, mit dem Taxi weiterzufahren. Noch immer wissen wir nicht, ob wir zum Bahnhof oder zur Busstation fahren sollten. Eher zufällig landen wir schließlich gegen 20 Uhr an der Busstation und dürfen feststellen, dass noch heute Abend ein Bus in Richtung Koh Phangnan aufbrechen wird. Da der Bus leider bereits voll ist, ergattern wir auf der siebenstündigen Nachtfahrt lediglich einen Stehplatz, der sogar auf dem Ticket als solcher angeführt wird. Mir ist das egal, denn ich bin überglücklich, schon morgen wieder nach Hat Yai aufbrechen zu können. 


Mittwoch, 18. September 2013

Dienstag, 3. Spetember 2013


Koh Phangan


Um zwölf Uhr morgens beende ich den Test meiner Augenlider auf Lichtundurchlässigkeit. Es hat den Anschein, als hätte ich recht gut  genächtigt. Mit leichtem Sodbrennen nehme ich mir vor, den Strand Haad Rins einmal bei Tageslicht zu betrachten. Trubel habe ich erwartet. Was ich vorfinde ist jedoch ein schattiges Plätzchen unter einer Palme, begleitet von den sonnigen Gitarrenklängen Jack Johnsons. Möglicherweise dauert es auch deshalb eine halbe Stunde, bis ich vom Wasser aus bemerke, dass es sich wirklich um denselben Strand handelt, an dem ich mich vor weniger als zwölf Stunden unter einer in Flammen lodernden Limbo-Stange hindurchmanövrierte. Das Wasser ist himmlisch. Im flachen Nass döse ich vor mich hin. Angetan von der Atmosphäre um mich herum, finde unglaubliche Entspannung. Ich spreche zwei hübsche Französinnen an, deren Bikinis mir gefallen. Es ist offensichtlich, dass sie in Bangkok gewesen sein müssen, denn dort wimmelt es geradezu vor Stoffen, mit diesen unverwechselbaren Hippie-Mustern, die ihre Zweiteiler zieren. 


Auf dem Rückweg mache ich halt am Coral Bungalow Club, der für den heutigen Abend mit einer Pool-Party lockt. Da die Sonne dem orange schimmernden Horizont immer näher kommt, ist es Zeit, dass ich mir etwas Indisches aus der prall gefüllten Speisekarte bringen lasse. Während mir die kulinarischen Köstlichkeiten den Gaumen beglücken, werde ich Zeuge eines bezaubernden Sonnenunterganges im Paradies. Ich werde das verhaltene Gefühl nicht los, dass es mir hier ganz gut gefällt. Da ich meine gehört zu haben, dass die Beachparty bis zum Morgen andauern soll, beschließe ich die Nacht hier zu verbringen und möglicherweise am Strand zu schlafen, um den Sonnenaufgang zu genießen. Anschließend würde ich mit dem Scooter zurück ins Hostel brausen. Der Plan sollte leider nicht ganz aufgehen.


Nachdem ich mich mit meinen Zimmerkollegen im Hostel besprochen habe, wollen wir zunächst alle gemeinsam zu einer Beachparty und anschließend unsere verschiedenen Partys aufsuchen. Mit meinem Roller breche ich auf, während die Anderen mit dem Taxi fahren. Ich fahre etwas weiter, um mein Gefährt bereits bei der Poolparty zu parken. Anschließend mache ich mich zu Fuß auf den Weg zur Beachparty. Die ist zwar nur 800 Meter entfernt, doch ich muss die Straße entlang gehen und die führt ausschließlich bergauf. Als ich, natürlich hauptsächlich(!) ob des Klimas, ziemlich erschöpft oben ankomme, warten die anderen bereits auf mich um mir mitzuteilen, dass die Party noch nicht begonnen hat. Also geht es für mich den ganzen Weg wieder zurück und noch etwas weiter. Wir beschließen nämlich zum Strand zu gehen. Auf dem Weg entlang der Straße überholt uns ein völlig überfülltes Taxi. Auf der kleinen Einstiegsstufe, an der auch die Rücklichter befestigt sind, stehen bereits drei junge Männer und halten sich am Dach des umgebauten Minitransporters fest. Zwar rast die Maschine rasant an uns vorbei, doch ich bin mir sicher, einen der drei erkannt zu haben. Das war Dror. Ein Israeli, den ich zusammen mit einer Gruppe Deutscher in Bangkok kennengelernt habe. Zwar wusste ich, dass sie auch auf einer der Inseln unterwegs sein müssten, doch dass ich sie hier sehe, überrascht mich doch freudig. 
Als wir am Strand sind, nehme ich mir vor nach ihnen Ausschau zu halten. Keine 30 Sekunden dauert es, bis ich sie finde. Unglaublich! Mit der großen Gruppe beschließen wir nach Eden aufzubrechen. Eden ist ein kleiner Teil der Insel, der nur mit dem Taxiboot zu erreichen ist. Ich verfolge dabei noch immer den Plan, im Anschluss die Poolparty aufzusuchen. Mit dem Boot fahren wir für 150 Baht nach Eden und schon allein die Fahrt ist das Geld wert. Ich habe zu diesem Zeitpunkt bereits einiges über die Drogenexzesse an diesem Ort gehört und bin gespannt, was mich erwartet. Wir kommen am Strand an und steigen aus dem kleinen Boot ins Knietiefe Nass. Zwischen großen Felsen gehen wir einen Weg auf Holzbrettern entlang, den man als irgendetwas zwischen einer Brücke und einem Steg beschreiben könnte. Links und rechts des Weges haben es sich einige Leute gemütlich gemacht und genießen den Anblick der Sterne oder einfach nur ihren Rausch. Wir biegen um den nächsten größeren Felsen, an dessen Fuße das Meerwasser emporquillt.  Man hört bereits die dumpfen Elektro-Klänge, die viele Menschen hier mit dem wilden Nachtleben Berlins assoziieren. Jeder zieht seine Schuhe aus, bevor er die auf den Felsen errichtete Holzkonstruktion betritt, auf der sich ein ganzer Club unter freiem Himmel befindet. Dieser Ort versprüht seine ganz eigene Magie. Ich fühle mich an all das erinnert, was mir sonst nur aus Filmen bekannt ist, die in den 60er oder 70er Jahren spielen. Es fühlt sich an, als wäre ich zurückversetzt worden, in eine Zeit, in der ich nie war. In bunten schlabberigen Hosen tanzen Einige, als befänden sie sich in Schwerelosigkeit. Mit beiden Armen in der Luft, begleiten sie sanft die Klänge der Elektromusik. Viele dieser Leute sind bereits über 30, manche über 40. Und wenn ihr zweiwöchiger Urlaub an diesem merkwürdigen Ort beendet ist, kehren sie wieder zurück in ihre Büros, fern von bunten Schlabberhosen. Rund um die Tanzfläche liegen Polster auf dem Boden, auf denen sich man sich niederlassen kann. Dieser Ort ist befreit von jeder Hektik. Es ist, als wäre er umhüllt von einer riesigen Entspannungswolke. In Anbetracht des Geruchs, der mir aus allen Richtungen in die Nase weht, ist das wohl auch der beste Ausdruck. So begeistert ich auch von der Surrealität dieses Ortes bin, muss ich doch feststellen, dass mir das alles irgendwie zu viel ist. Außerdem möchte ich ja auch noch zur Pool Party. Als ich dort ankomme, ist die natürlich bereits beendet.